Ich hatte wie so oft ein Zeitproblem. Es war Sonntagmorgen, der letzte von drei Tagen des „MERIDIAN Czernowitz“ Lyrikfestivals sollte viele besonders interessante Lesungen und Filmpräsentationen bieten. Ich wollte keine verpassen. Vor der ersten Veranstaltung wollte ich noch ein Interview führen mit Tomer Dotan-Dreyfus, einem in Israel geborenen Autor und Übersetzer aus Berlin. Ich wollte aber auch unbedingt den alten jüdischen Friedhof in Tscherniwzi besuchen. Eine Freundin hatte ihn als absolutes Highlight der Stadt in der Bukowina empfohlen. Spontan fragte ich Tomer, ob wir unser Interview nicht auf dem Friedhof halten könnten.
Er fand die Idee weniger sonderbar als erwartet. Ich liebe Friedhöfe, ich liebe Literatur: Warum nicht einen Podcast daraus machen? – schoss es mir durch den Kopf. Ich steckte mein Mikrophon ein und stieg ins Taxi, das uns zum Friedhof brachte. So entstand die erste Folge von „Verweilzeit – Tod und Literatur“ – ohne Skript und jegliche Vorbereitung – auf dem schönsten Friedhof, den ich je besucht habe.
Tomer Dotan-Dreyfus ist Lyriker, Schriftsteller und Übersetzer. Er wurde in Israel geboren und lebt seit elf Jahren in Berlin. Obwohl Hebräisch seine Muttersprache ist, schreibt er auf Deutsch. Studiert hat er Komparatistik an der Freien Universität Berlin, seine Masterarbeit handelte von der literarischen Singularität des Buchstaben O. Unter seinen letzten Übersetzungen ins Hebräische sind Walter Benjamin, Vilem Flusser und Mascha Kaleko zu finden. Er publizierte fünf Gedichte in der Anthologie „Was es Bedeuten Soll - hebräische Dichtung in Deutschland" (2019) und in der 21. Ausgabe der Zeitschrift Triëdere (Wien, 2020). Dotan-Dreyfus wurde 2020 mit dem Arbeitsstipendium des Berliner Senats für deutschsprachige Autoren für seinen ersten Roman „Birobidschan" ausgezeichnet.
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Vielen Dank an die beste Grafikdesingerin der Welt, Birgit Rampe, und David Du Bruyn für den unverwechselbaren Klang.
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